Der Regenbogen des Lebens / Kurzgeschichte
Es ist fast magisch zu nennen, wenn wir Menschen einen Regenbogen am Himmel entdecken. Der Bogen mit den hellen Farben, der von der Erde bis in den Himmel geht, jedenfalls wirkt es so auf uns, erfasst unsere Sinne. Die meisten bestaunten diesen Regenbogen und sind glücklich, ihn zu sehen.
Unsere Geschichte beginnt in einem Land im Süden, in dem die Sonne die Menschen wärmt und die Tage ein bisschen heller erscheinen, als wir es in den dunkleren, nordischen Ländern erleben.
Eine Gruppe, sagen wir mal, etwas reiferer Damen, saß zum ersten Mal zusammen auf der überdachten Terrasse eines Lokals nahe am Mittelmeer. Die Stimmung war eher unterkühlt, man kannte sich noch nicht so gut und konnte die anderen Frauen nur schlecht einschätzen. Irgendwie wollte auch die Sonne ihre herrlichen Strahlen an diesem Tag nicht richtig zeigen. Der Himmel war bedeckt aber die Luft für Ende November immer noch recht warm.
Alle Damen verband aber eigentlich ein Ziel, sie wollten miteinander eine angenehme Zeit verleben, vielleicht ein wenig dem Alltag entfliehen und einfach nur freundlich und entspannt miteinander reden.
Man hatte sich vorher schon über die modernen Medien ein wenig beschnuppert und dabei festgestellt, dass nicht alle der anderen etwas älteren Mädels den eigenen Vorstellungen entsprachen. Jede von ihnen hatte ihr Leben bis dahin gelebt und so manches schwere Päckchen tragen müssen. Es war in diesen Medien auch schon mal etwas heftiger zugegangen und böse Worte waren geschrieben worden. So herrschte zwischen einigen Frauen ein etwas schwieriges Verhältnis.
Sie lebten ja auch in den unterschiedlichsten Welten.
Mit einem Partner, allein, sogar mit der ganzen Familie oder mit einem kleinen Hund, der ihr Leben bedeutete. Die einen standen sehr früh auf, andere machten die Nacht zum Tag und schliefen dann morgens gerne etwas länger.
Die eine Frau war in ihrer Gefühlswelt eher ein wenig überschwänglich, was ruhigere Exemplare ziemlich verwirrte. Manche waren mit einer lauten Stimme gesegnet, andere dagegen nicht ganz so stimmgewaltig. Eben eine gemischte Gruppe, teilweise völlig unterschiedlich denkender Frauen.
Man wollte so gerne eine harmonische Gruppe sein, die auch mal füreinander einsteht.
So richtig wollte es noch nicht gelingen, aber alle waren gewillt einen Weg zu suchen, den man gemeinsam gehen konnte.
Plötzlich war ein begeistertes Gemurmel zu hören und alle schauten in wunderbarer Einheit auf den wunderschönen Regenbogen, der, so sah es aus, dem Mittelmeer entstieg und den Himmel erklomm. Die Farben waren sanft und schienen Geborgenheit zu vermitteln.
Die Damen sahen in diesem Regenbogen einen alten Mann mit einem Kind an der Hand. Das Kind hatte ein liebevolles Strahlen im Gesicht, so wie es nur Kinder vermochten.
Das kleine Mädchen
Das kleine Mädchen mit den goldblonden Locken ging voller Fröhlichkeit und Wärme zu jeder einzelnen Dame und umarmte sie. Es sagte kein Wort aber sein Wesen wirkte so warmherzig, dass keine Worte nötig waren.
Die Damen staunten und fühlten eine große Ruhe in sich aufsteigen, als eine Stimme sagte: „Wie soll Frieden in der ganzen Welt sein, wenn ihr wunderbaren Frauen es nicht schafft, friedlich miteinander umzugehen? Es ist nicht immer leicht, die Werte und Gefühle eines anderen Menschen zu verstehen und vielleicht sogar auszuhalten. Aber wäre es dann nicht besser, die eigenen Worte zu überdenken, bevor sie geschrieben oder gesprochen werden? Manchmal ist es ratsam, einfach nur stumm zu bleiben. Ihr müsst nicht alle Menschen lieben, aber ihr solltet sie achten. Wenn ihr euch über einen anderen Menschen ärgert und seine Wortwahl nicht versteht, dann nehmt ihn gedanklich erst einmal in den Arm, bevor ihr eure Antwort schreibt oder sprecht. Sie wird viel weicher ausfallen und trotzdem eure eigene Wahrnehmung ausdrücken“.
So plötzlich wie sich der Regenbogen gezeigt hatte, verschwand er auch wieder und mit ihm das liebevolle kleine Mädchen und der weise alte Mann.
Die Damen staunten und fragten sich, ob sie das soeben Geschehene wirklich erlebt hatten oder es nur ihren Gefühlen geschuldet war.
Man lächelte sich freundlich zu und alle bösen Worte und sogar Gedanken waren einer hellen friedvollen Verbundenheit gewichen.
Die Weihnachtszeit kommt in großen Schritten auf uns zu. Manche Menschen lieben diese Zeit, andere finden sie kitschig und vollkommen überflüssig, aber sie sollte uns eigentlich an den Sinn des Lebens erinnern. Wir sollten friedvoll und harmonisch miteinander umgehen, vielleicht mal auf unsere innere Stimme hören, die uns wahrscheinlich nur eine kleine Umarmung eines Kindes schickt oder die Worte eines weisen Mannes oder einer weisen Frau.
Es sei der Autorin gestattet, ihre Fantasie in diese Geschichte einzugeben, denn manchmal fangen so die wahren Märchen an.
Jutta Reinert
Bücher
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Ich bin gegangen von Jutta Reinert